Dr. Wolfgang Leupold

Prüfer für russische und sowjetische Philatelie

Sensationeller Brieffund mit Drachentöter- marken mit rotem Aufdruck P.C.Ф.C.P. 10.000 p. (Mi.-Nr. 175 b III)

In Heft 86 der Deutschen Zeitschrift für Russland-Philatelie habe ich recht ausführlich diese Marken analysiert und die bis dahin bekannten Briefe mit der Mi.-Nr. 175bIIIY (breitere Marke mit liegendem Wasserzeichen) vorgestellt. Mittlerweile sind mehr als 12 Jahre ins Land gegangen. Seit dem sind auf Auktionen noch zwei weitere Briefe vom gleichen Absender Dr. Wernke mit Stempel Odessa sowie einige größere ungebrauchte Einheiten aufgetaucht.

Eine wirkliche Sensation stellt aber ein Bedarfsbrief dar, der u. a. mit einem 30er Bogenteil der Mi.-Nr. 175bIIIY frankiert ist und von Odessa in die USA ging (Abb. 1).

Abb. 1: Vorder- und Rückseite eines eingeschriebenen Briefes von Odessa (5.5.22) nach Providence U.S.A. mit Stempel der Odessaer Postkontrolle vom 6.5.22. Portogerecht mit 400.000 Rubel frankiert, 30 Stück 175 b III und 10 Stück 175 b I.

Der Brief ist so bemerkenswert, da es sich hier um den bisher einzig bekannten Brief handelt, der nicht von Dr. Wernke abgesendet wurde und der mit einem 30er Bogenteil frankiert ist, der bisher größten bekannten Einheit.

Der Aufdruck dieser 30 Marken verläuft etwas schräg über den Bogen, so daß die untere Aufdruckzeile „10.000 p.“ der Marken vom linken Bogenrand etwa 1 mm unterhalb des Markenbildes hervorschaut und auf den Marken am rechten Bogenrand stark erhöht, etwa 2 mm über dem Unterrand im Markenbild liegt (siehe Abb. 1).

Das bedeutet, daß es sich hier um einen bisher unbekannten dritten Bogen dieser Marken handeln muß.

Wir haben versucht die Einheiten der bisher bekannten Briefe einzelnen Druckbogen zuzuordnen (Abb. 8). Dazu sind nachfolgend die bisher bekannten 7 Briefe aufgeführt, geordnet nach den Stempeldaten Odessa:

I   – 29.4.22  R 458  Viererblock – Abb. 2

II  – 30.4.22  R 294  Paar – Abb. 3

III –   5.5.22  R 436  30er Bogenteil – Abb. 1

IV –   6.5.22  R 501  15 Stück – Abb. 4

V  –   8.5.22  R 687  22 Stück – Abb. 5

VI – 11.5.22  R 425  Paar – Abb. 6

VII– 15.5.22  R 109  18 Stück – Abb. 7.

Der Brief in Abb. 1 birgt auch noch eine sensationelle Geschichte. Wie mir erzählt wurde, befand sich der Brief vor vielen Jahren in einer Bananekiste zusammen mit hunderten Briefen aus Amerika. Ein Sammler kaufte ihn für 2 DM, weil er ihm auf Grund des großen Bogenteils  interessant erschien.

Im Jahre 2011 kam diesem Sammler unsere ARGE-Zeitschrift mit meinem Artikel (1) in die Hände und er bemerkte, welch seltenes Stück er seinerzeit für 2 DM erwarb.

Abb. 2: Portogerecht mit 60.000 Rubel (Rest a. Rückseite) frankierter R-Brief am 29.4.22 von Dr. Wernke nach Berlin mit einem Viererblock vom rechten Unterrand. Erstmals von Dr. Stollberg präsentiert und von mir in (1) als zweiter bekannter Brief bezeichnet.

Abb. 3: Eingeschriebener Auslandsbrief von Odessa (30.4.22) nach Berlin, portogerecht mit 60.000 Rubel frankiert, darunter ein Unterrandpaar der Mi.-Nr. 175bIIIY

Abb. 4: Vorder- und Rückseite eines eingeschriebenen Briefes von Odessa (6.5.22) nach Berlin. Portogerecht mit 400.000 Rubel frankiert, darunter 15 Stück 175bIIY und eine 175bIY. Das Porto war entsprechend unserer Forschungsergebnisse nicht erst am 1.6.22 auf 400.000 Rubel erhöht worden (wie in einigen Quellen zu lesen ist), sondern bereits ab 1.5.22.

Abb. 5: Eingeschriebener Auslandsbrief von Odessa (8.5.22) nach Berlin mit 410.250 Rubel (Rest verdeckt) leicht überfrankiert. Unter anderem ist der Brief mit einem 20er Block und einem Paar der Mi.-Nr. 175bIIIY frankiert.

Abb. 6: Mit 150.000 Rubel (Rest a. Vorderseite) frankierter R-Brief am 11.5.22 von Dr. Wernke nach Berlin mit einem senkrechten Paar der Mi.-Nr. 175bIIIY vom linken Unterrand

Abb. 7: Mit 337.500 Rubel (Rest verdeckt) frankierter R-Brief am 15.5.22 von Dr. Wernke nach Berlin mit einem 16er Block und senkrechtem Paar der Mi.-Nr. 175bIIIY. (Foto aus Cherrystone Auktion 12-13 November 2008

Aufdruck Bogen 1
Aufdruck Bogen 2
Aufdruck Bogen 3

Abb. 8: Versuch der Zuordnung der Markeneinheiten aus den 7 Briefen zu drei Druckbogen mit unterschiedlichen Aufdruckstellungen. 

Abschließend können wir also feststellen, daß von der Mi.-Nr. 175bIIIY mindestens 3 Bogen mit unterschiedlicher Aufdruckstellung – alle mit Wasserzeichen „helle Winkel nach links“ – in Odessa postalisch verwendet wurden.

Zu diesen 3 Bogen kommen noch einige wenige Bogen postfrischer Marken, die sich in Sammlerhand befinden – auch mit Wasserzeichen „helle Winkel nach rechts“.

Auf Grund der geringen Anzahl ist nach wie vor der Ursprung dieser Marken mit abweichendem Aufdruck „P.C.Ф.C.P.“ an Stelle „PCФCP“ ungeklärt.

Einen herzlichen Dank an den ukrainischen Philatelist Anton Shatilo, der mich bei den Analysen unterstützt hat.

Literatur:

(1) Dr. Leupold, W. : Die Verwendung der Drachentötermarken mit rotem Aufdruck P.C.Ф.C.P. 10.000 p. (Mi.-Nr. 175bIIY), DZRP 86 (2007), 19-23.