Dr. Wolfgang Leupold

Prüfer für russische und sowjetische Philatelie

ACHTUNG ! Eine Fälschung ist wahrscheinlicher als ein Schnäppchen

Die meisten von uns möchten die gesuchten Sammlerstücke möglichst günstig kaufen. Zum „Schnäppchenpreis“ sind aber meist nur Fälschungen oder beschädigte Stücke zu bekommen.

Mit diesem Artikel möchte ich besonders die  Sammler warnen, die im Internet oder bei weniger seriösen Auktionen unterwegs sind und dort auf den glücklichen Zufall hoffen.

Ich ärgere mich immer wieder, wenn mir angebliche Seltenheiten zur Prüfung vorgelegt werden, die ein normaler Sammler eigentlich selbst als Fälschung erkennen kann. Meist reicht dazu eine gute Lupe oder ein Computer mit Scanner.

Nehmen wir die „modernen“ Fälschungen. Meist handelt es sich um angeblich ungezähnte Marken oder um Doppeldrucke.

Abbildung 1a. GANZFÄLSCHUNG

Abbildung 1b. ECHTE gezähnte Marke

Hat doch der Sammler die billige Normalvariante in seiner Sammlung. So legt man nur diese Normalmarke neben das neu erworbene Stück. Wenn sich dabei, wie in Abb. 1a und 1b, ein erheblicher Unterschied beim Druckbild oder bei den Farben zeigt, so handelt es sich bei der angeblichen Seltenheit meist um eine Fälschung! In der Regel stammen die tatsächlich ungezähnten Marken doch aus ein und derselben Auflage und sind nur durch einen Zufall der Zähnungsmaschine entronnen. Meist sind die Fälschungen auch auf anderem Papier gedruckt, als die Normalmarke, das sich durch seinen Glanz, Struktur oder Papierstärke von der Normalmarke unterscheidet.

Um das alles festzustellen, benötigt man keinen Prüfer! Und wenn man das zeitnah feststellt, kann die Fälschung auch noch bei ebay oder einer Auktion ohne finanziellen Schaden zurück geben. Erst dann, wenn der Verkäufer den Nachweis der Fälschung verlangt, muß man einen Prüfer einschalten.

Doppeldrucke von Marken aus den letzten 30 Jahren der Sowjetunion sind auch in vielfältiger Art und Weise auf dem Markt.

Abbildung 2. Urmarke echt, Doppeldruck gefälscht

Angeboten werden meist Doppeldrucke, die in den einschlägigen Katalogen gar nicht aufgeführt sind. Dies scheint die Schnäppchenjäger noch anzuspornen. In der Regel ist dieser ganze Ramsch FALSCH!

Abbildung 3. Echter Block 54, oben mit gefälschtem Aufdruck einer zusätzlichen roten Zeile.

Abbildung 4. Oben: Echte Druckzeile. Unten: Gefälschter Aufdruck (oben auf dem Block in Abb. 3)

Ein typisches Beispiel solcher nicht katalogisierten Phantasieerzeugnisse ist in Abb. 3 zu sehen. Wenn man den Block mit 300 dpi einscant, kann man auf dem heimischen Bildschirm den Unterschied der Druckzeilen selbst erkennen (Abb.4) – oben die exakten Buchstaben, unten der gefälschte mangelhafte „Nachdruck“ mit ungleichmäßiger Linienführung. 

Leider bekomme ich derartige Fälschungen oft mehrere Jahre nach dem Erwerb vorgelegt, wenn alle Reklamationsfristen abgelaufen sind. Darüber ärgere ich mich immer wieder, denn  auch 30- oder 50Euro für so einen mit Computer hergestellten Doppeldruck fördern nur das Fälscherhandwerk!

Nicht selten wünscht man auch Atteste von mir für angebliche Farbabarten, die durch Einwirkung von Chemikalien, Dampf aber auch unbewusst durch langes Liegen im Sonnenlicht hergestellt wurden. Beispiele zeigt Abb. 5.

Abbildung 5. Links echt, rechts VERFÄLSCHT

Am häufigsten sind wohl Aufdruckfälschungen. Diese finden sich zu sehr unterschiedlichen Preisen massenhaft bei ebay, aber nicht selten auch bei namhaften Auktionshäusern.

In letzter Zeit sind mir wiederholt gefälschte Aufdrucke auf den sowjetischen Portomarken von 1925 aufgefallen. Um nach der Portoerhöhung vom 1. Februar 1926 den Bedarf an 8 Kopeken Marken für Inlandbriefe zu decken, wurden die vielfältigen Restbestände dieser Portomarken überdruckt.

Abbildung 6. Primitive Aufdruck-FÄLSCHUNG mit unförmigen dünnen Buchstaben in „КОП“.

Besonders lukrativ für Fälscher sind die kopfstehenden Aufdrucke (Abb. 6). Viele der in Umlauf befindlichen Aufdruckfälschungen sowohl dieser Ausgabe als auch der Aufdruckmarken für die Hochwassergeschädigten in Leningrad (Abb. 8)  scheinen aus der gleichen Werkstadt zu stammen.

Abbildung 7. Echter Aufdruck

Abbildung 8a. ECHTER Aufdruck.

Abbildung 8b. Primitive Aufdruck- FÄLSCHUNG

Zieht man seine eigenen normalen Aufdruckmarken zum Vergleich heran, kann man – ohne Einschaltung eines Spezialisten – oft viele Fälschungen selbst erkennen.