Dr. Wolfgang Leupold

Prüfer für russische und sowjetische Philatelie

Puschkin-Block auf normalem Papier – ein Phantom

von Dr. Wolfgang Leupold und Frank Maubach

Abb. 1: Puschkinblock auf gestrichenem Papier
Abb. 2: Puschkinblock auf normalem Papier

Im Michel Europa–Katalog 1997/98 wird erstmals unter Sowjetunion Block 1 die Abart  „y. normales Papier“ mit dem beträchtlichen Preis von 800,- DM aufgeführt.

In einem Attest vom 25.11.1996 heißt es:

Ein zweites ähnlich klingendes Attest aus dem gleichen Jahr liegt uns in Kopie vor. Der zugehörige Block wurde im vergangenen Jahr auf einer namhaften deutschen Auktion für 1.300 € verkauft. Es ist anzunehmen, daß der Autor dieser Atteste (späterer BPP – Prüfer) seinerzeit auch der Initiator der Notierung dieser Abart im Michel-Katalog war. Als der Mitautor des vorliegenden Artikels nun ein neues Prüfattest für seinen Block 1y bestellte, gab es aber ein Problem.

Die detaillierte Untersuchung des 1996 attestierten angeblichen Block 1y zeigte, daß die Markenbilder dieses Blockes erheblich von den echten Blöcken auf gestrichenem Papier abweichen.     Bereits auf den ersten Blick hat man nicht den Eindruck, daß es sich bei Abb. 1 und Abb. 2 um Blöcke vom gleichen Druckstock handelt. Während der Block auf gestrichenem Papier durch seine feine saubere Linienführung und Helligkeit ins Auge sticht, wirkt der Block auf normalem Papier dunkel und „unsauber“.

Abb. 3: Bildausschnitt aus Mi.-Nr. 548

Interessant ist, daß das Druckbild der fast farbgleichen gezähnten Einzelmarke zu 10 Kopeken (Ausschnitt in Abb. 3) so gut wie identisch ist mit der 10 Kopekenmarke im echten Block auf gestrichenem Papier (Ausschnitt Abb. 4). Klar, beide Markenbilder stammen vom gleichen Original-Klischee.  

Abb. 4: Blockausschnitt gestrichenes Papier

Gerade zu plump wirken dagegen die Details des Blockes auf normalem Papier (Ausschnitte Abb. 5). Neben einer Vielzahl von Detailunterschieden möchte ich besonders Puschkins Geburtsjahr, die Jahreszahl 1837, hervorheben. So ist bei der Ziffer „1“ beim Block auf gestrichenem Papier der dünne Anstrich und der schlanke exakte senkrechte Strich auffällig. Beim Block auf normalem Papier hat die „bucklige 1“ nur einen angedeuteten Anstrich und einen dicken unförmigen senkrechten Strich.

Abb. 5: Blockausschnitt normales Papier

Markant sind auch die Unterschiede bei der „7“. In Abb. 4 sehen wir eine exakt ausgearbeitete Ziffer mit zwei nach oben auslaufenden Strichen. Diese sind beim Block auf normalem Papier (Abb. 5) nur andeutungsweise erkennbar. Außerdem sind der senkrechte Strich und der Fuß deformiert.

Unser kurzes Fazit: Beim Puschkin-Block auf normalem Papier handelt es sich um einen privaten Nachdruck, also eine FÄLSCHUNG!

Im Gespräch mit meinen ukrainischen Prüferkollegen wurde mir diese Annahme bestätigt.

Übrigens ist in keinem russischsprachiger Katalog ein Puschkin-Bloch auf normalem Papier registriert. Sverev bemerkt dazu in seinem Spezialkatalog (1), daß es sich bei Blöcken auf normalem Papier um Ganzfälschungen im Hochdruckverfahren handelt, die etwa 1939 in Europa hergestellt wurden. Er erwähnt auch, daß diese Blöcke mit schriftlichen Garantieschreiben und Attesten vorkommen (siehe oben).  

Die Michel-Redaktion war übrigens sehr dankbar für meinen Hinweis und wird die Registrierung des Blockes 1 y aus den künftigen Katalogen entfernen. Schade nur für die Sammler, die viel Geld für eine Fälschung ausgegeben haben.

(1) Sverev A.V. Katalog der Briefmarken Russlands, der RSFSR und UdSSR 1857-1960. Moskau 2018, S. 277.